Review on the
exhibition of Peter Bogers in Galerie “Im Winter“, Bremen 1992 Die tiefen Rätsel bewegter Bilder Erstmals zeigt die galerie “Im Winter“
(Richard Wagner-Straße 32) auch Video- und Klanginstallationen. Ihr Urheber
ist der 1956 geborene Niederländer Peter Bogers, und was er bis zum 5. Januar
unter dem Titel „Nooo, you
don't understand“ vorfuhrt, das zielt in der
Tat weniger auf intellektuelles Verstehen und Nachvollziehen als vielmehr auf
Erfühlen oder direktes Erleben. Wenn sich hinter den rotgetönten Scheiben
einer Tripelinstallation die Abfolgen rhythmischer Bewegungen mit Schrift und
bis zum Stöhnen gesteigerter Sprache mischen, dann resultiert aus den
Überlagerungen der Werkelemente eine deutlich surreale Komponente. Sie ist
bestimmend für das Schaffen des Amsterdamers. Seit 1986 inszeniert Bogers
seine Arbeiten ohne Rückgriffe auf Erkennbares oder verfremdet Realität doch
hochgradig. In jedem Falle betont er die Eigenständigkeit von Videokunst mit
ihren spezifischen Möglichkeiten und betrachtet sie nicht als abbildendes
Medium. Das erinnert partiell an den sogenannten Experimentalfilm, entfernt sich von ihm aber deutlich in Richtung bildende Kunst, sobald die Vorführgeräte selbst zu integralen Bestandteilen von Installationen werden. Am deutlichsten bei der ausdrücklich als Video-skulptur bezeichneten Arbeit „Portrait“. Da vollzieht sich auf winzigem Monitor ein monotoner Tropfvorgang von unbegrenzter Dauer. Aber zu seiner Betrachtung bedarf es schon der als Werkbestandteil integrierten Lupe, die schließlich einen Doppelfunktion ubernimmt.Wenn nicht noch eine dritte. Sie macht das motiv ein Auge uberhaupt erst deutlich erkennbar, führt über Lichtbrechungen innerhalb ihrer Glasmasse zugleich aber Farbanteile in die Arbeit ein, und sie verweist auf die Notwendigkeit von Sehhilfen beim erkennen von Vorgängen unterhalb bestimmter Dimensionen. Hinzu kommt die Konfrontation des
betrachtenden mit einem manipulierten Auge. Ein Geschehen von erheblicher
Doppelbödigkeit. Vom Grundeinfall des Geschehens her handelt es sich auch
hier um einen Verweis auf Surreales, um eine Traumsequenz, die Unbewußtes an
die Oberfläche des Bewußtseins hebt oder Urängste artikuliert. Dem gleichmäßigen Metrum von Bewegung
stellt Peter Bogers bei einer Arbeit wie „Life by Life" einen ständig
gesteigerten Rhythmus gegenüber. Die Aufnahme einer gleichmäßig schlagenden
Schläfenader wird überlagert von den atmenden Kiemen eines Fisches, dessen
Kopf schließlich von einen scharfen Messerhieb abgetrennt wird. Dieser
Vorgang des Pulsierens und Schlachtens wiederholt sich in immer
kürzeren Abständen. Da teilt sich schließlich Erregung mit, wenn Leben und Sterben, Zeichen vitalen
Daseins und brutaler Tötung, so sichtbar zu einander in Beziehung treten.
Peter Bogers überzieht seine
medienimmanenten Mittel dabei nicht. Niemals haben seine Arbeiten etwas
überlegt Gewolltes. Detlef Wolff |