Speach of Hermann Nöring, at the
opening of the solo-exhibition of Peter Bogers in Galerie “Im Winter“, Bremen
1992 Ich freue mich
einige kurze Worte zur Präsentation der Arbeiten des niederländischen
Videokünstlers Peter Bogers sagen zu dürfen, Denn so alltäglich ist es nicht1 daß Werke der Medienkunst Eingang in
Galerien oder Museen finden. Nur in
Bremen scheint die Situation viel besser zu sein, denn zur Zeit finden meines Wissens mehrere Ausstellungen mit Videoarbeiten hier statt. Entgegen ihres umfassenden Potentials, ihrer übergreifenden1 hybriden
Verbindung verschiedener Künste und Fertigkeiten, und trotz einer Geschichte
in der zahlreiche Stile und personliche Handschriften im Umgang mit Ton-
sowie Bildmaterial entwickelt wurden, sind der Videokunst die
wichtigsten Institutionen der
kulturinsteressierten Öffentlichkeit verschlossen geblieben. Mit Ausnahme der vielzitierten Namen ,,Nam June Paik und Marie Jo La
Fontaine" ,,Bill Viola" oder
,,Bruce Naumann“ sind die Arbeiten der Videoszene auf dem Kunstmarkt in der
BRD kaum präsent. Auch in den Massenmedien erscheint nur das, was museale
Weihen durch die Aufnahme in die wenigen aufgeschlosseneren Kunsthäuser
erreicht hat wie etwa im Neuen Berliner Kunstverein, im Zentrum für Kunst und
Medien in Karlsruhe,oder dem La Villette bei Paris, Darüberhinaus führen nur
wenige Archive und Bibliotheken einen Päsenzbestand an Bändern, was natürlich
die Arbeit mit Videokunst ungemein erschwert. Das Fernsehen, immer noch wichtiger Bezugs- und Reibungspunkt der
Videokunst stellt kaum Arbeiten vor
oder zur Diskussion obwohl nun gerade
das TV mit seiner oft oberflächlichen Banalität am meisten von der
Unkonventionalität dem
Phantasiereichtum ihrer Bildsprache gewinnen könnte. Auch hier gibt es
rühmliche Ausnahmen, wie die magazine
des Filmemachers Alexander Kluge. Weitere Beispiele sind allerdings zumeist
nur im Ausland zu finden. Es seien die Kanäle La Sept in Frankreich oder
Channel four in Groß Britannien oder Metropolis des spanischen Fernsehens
erwähnt. Peter Bogers nun nimmt in seinen Arbeiten Bezug auf
diese fortschreitende Synthetisierung der Welt der Wahrnehmung und die
Allgegenwart der medial vermittelten Realität der Bildschirme und
Printmedien. So verweist meines Erachtens insbesondere die serielle Struktur seiner.
arbeiten auf die Vielzahl der unerschöpflichen Bild- und Tonquellen unseres
Alltags mit ihrem Anspruch der Wirklichkeitsdarstellung. Er nutzt die
Möglichkeiten der Technik, und setzt
der unbewußt konsumierten Massenware
seine collagehaften Arbeiten entgegen. In seiner Installation ,,Nooo you don' t understand" wird auf zwei
Ebenen Zeit zum Material seiner Gestaltung. Im Bildschirm-Hintergrund bewegt
sich gleichsam im Schlaf eine Gestalt fast in ,,Realzeit"; frei von Fragmentierung und Schni
ttmontage. Hier findet Zeit als Dauer, als Betonung von Präsenz und
Gesamtheit statt. Die Form des
Triptychons unterstreicht dabei noch die Massivität der Erscheinung. Das Abbild als Ganzheit, Video als Spiegel
in der Einheit von Raum und Zeit. Unterbrochen wird das Bild des in sich ruhenden Lebens durch eine
Sprach- und Lautebene, die eine rhytmische Dramatisierung erhält. Diese Abfolge von Klangfragmenten, Alltagsäußerungen und Ausrufe, die
um Erkennen, Annäherung und Verlust kreisen, ist als Sprachsampling der
Einheit des Bildes gegenübergestellt. Nach Modulation und Lautstärke
ausgewählt, sprengen diese Versatzstücke aus Spielfilmdialogen oder TV-Serien
die Kontinuität der Bildebene. Ihre zusätzliche Manifestierung in der Schrift
kommentiert ironisch-hinterfragend das Material dem wir bei unserem tägliche
Fernsehkonsum begegnen. Peter Bogers nutzt es in hervorragender Weise als
Steinbruch zur Umsetzung seiner Geräuschkompos i t ionen. Seine Arbeiten sind geprägt vom Rhythmus menschlicher Lebensäußerungen
wie Atmen, Trinken, Schreien, Herzschlag, Lidschlag usw. ,die zu einer
Sinnlichkeit des Kreatürlichen gestaltet werden. Oft sind sie bedroht durch
mechanische Einwirkungen wie durch das brutal niedersausende Messer im Band
,,Life by Life", oder die schon surreal anmutendene Apparatur zum
Kreislauf von Tränen und Speichel bei ,,Portrait". Der Betrachter wird
durch die Brechung seiner Wahrnehmung in die Arbeit einbezogen (bei
,“Portrait" oder ,,Nature 1"
und ,“Nature II") denn je nach individuellen Standort wechselt die
Rezeption des Werkes. In der leicht staccatoartigen Montage verwandeln
sich die Grundmuster Versatzstücke von
Leben und Technik in ein neues audiovisuelles Muster von minimal angelegten
Ton- und Bildcol lagen. In der spannung zwischen Optik und Akustik, aber auch zwischen dem
vegetativen Leben und Peter Bogers` künstlerischer Gestaltung mittels einer
eher sparsam eingesetzten elektronischen Bearbeitung, besteht die Kraft
seiner Plastiken und seiner Videos. Der Performer Musiker und
Videokünstler Peter Bogers dessen
neueste Arbeiten hier in der Galerie IM WINTER vorgestellt werden, wird Ihnen
sicherlich weitere Informationen zu seinem persönlichen Background und seinen
künstlerischen Intentionen geben. |